Multikontinuummodell

Abbildung 1: Modell des Western Mountain Aquifer

Der Western Mountain Aquifer (WMA) ist ein stark verkarster Karbonatgrundwasserleiter, der durch Mergelhorizonte (die Yatta-Formation) in zwei Sub-Aquifere (Upper & Lower Judean Aquifer) unterteilt ist (Abbildung 1). Der WMA unterliegt einem dualen Strömungsverhalten: Risse im Gestein stellen effiziente Fließwege für eindringendes Wasser dar, was zu hohen  Fließgeschwindigkeiten führt, während die Porosität des Gesteins die Speicherung und einen langsamen Fluss des Grundwassers ermöglicht. Infiltrationsprozesse finden deshalb unter sehr unterschiedlichen und komplexen Bedingungen statt. Im Falle des WMA erschweren weitere Faktoren wie fehlende Vegetation und unregelmäßige Niederschläge die Abschätzung der Grundwasserneubildung. Für die Berücksichtigung und Vorhersage dieser Prozesse sind fortgeschrittene Grundwassermodelle erforderlich.

Abbildung 2: Zweidimensionale Darstellung des mathematischen Modellrahmens

An der Universität Göttingen kommt an dieser Stelle das Multikontinuum-Grundwassermodellierungs-Programm HydroGeoSphere (Aquanty, 2015) zum Einsatz. Der Begriff „Multikontinuum“ beschreibt die mathematische Funktionsweise des Simulators und bedeutet, dass der Grundwasserfluss in zwei dreidimensionalen Rastern mit unterschiedlichen hydraulischen Eigenschaften, also Kontinuen, berechnet wird (Abbildung 2). Das erste Kontinuum stellt das poröse Gestein mit geringer hydraulischer Leitfähigkeit dar („Matrix flow continuum“), das zweite Kontinuum Gesteinsbrüche mit hoher hydraulischer Leitfähigkeit („Conduit flow continuum“). Wasser fließt zwischen beiden Kontinuuen dem Druckgefälle folgend. Auf diese Weise kann die Dualität des Grundwasserflusses modelliert werden, sowohl in der ungesättigten als auch in der gesättigten Zone. Oberflächenströmung wird entlang eines zweidimensionalen Rasters als drittes Kontinuum berechnet („Surface routing“), das Wasser dem Matrix flow continuum hinzuführen kann. Dieses Modell soll die komplexen Infiltrationseigenschaften der Gesteins- und Bodenlandschaft, den Einfluss der Karstsysteme auf die Grundwasserneubildung und die stark variierenden Niederschläge berücksichtigen.

Erste Ergebnisse

Das kalibrierte Modell reproduziert sehr genau beobachtete Grundwasserstände (Abbildungen 3 & 5) sowie Quellschüttungswerte an den Yarkon und Taninim-Quellen (Abbildung 4). Das Modell simuliert das Versiegen der Yarkon-Quelle in den 1970er Jahren und ihre „Wiederbelebung“ im extrem niederschlagsreichen Jahr 1991/92.

Im Gegensatz zu früheren Modellierungsansätzen beinhaltet das Modell eine eigenständige Darstellung der Yatta-Formation, die den Upper vom Lower Aquifer trennt. Frühere Modelle des WMA vereinfachten wegen des hohen Rechnaufwands die Geometrie des WMA, indem sie die Yatta-Formation indirekt berücksichtigten (beiden Sub-Aquiferen wurde schlichtweg eine geringe vertikale hydraulische Leitfähigkeit zugewiesen). Die genaue Simulation der Infiltrationsdynamik durch die Yatta-Formation erfordert jedoch eine präzisere Darstellung des Systems.

Abbildung 3: Multikontinuummodell: beobachtete vs. simulierte Grundwasserstände
Abbildung 4: Multikontinuummodell: Beobachtete und simulierte Quellschüttung

 

 

 

 

 

 

 

 

Im nächsten Schritt wird das Modell erweitert, um den Grundwasserfluss durch unterschiedlich gesättigte Böden und Gestein zu simulieren. Die hydraulische Leitfähigkeit und die spezifischen Speicherkoeffizienten des „conduit flow continuums“ werden gemäß der Fachliteratur mit zunehmender Leitfähigkeit in Richtung der Quellen und des Meeres definiert (Laskow, 2011). Aufgrund der Vielzahl von hydraulischen Parametern unterliegen die Simulationsergebnisse einer erheblichen Unsicherheit. Zur Annäherung der Parameter werden fortgeschrittene Methoden der Unsicherheitsanalyse eingesetzt.

Abbildung 5: Beobachtete und simulierte Grundwasserstände